Herkunft und Kindheit Simon Gfeller war ein Bauernbub. Seine Eltern Christian Gfeller und Annebarbara Fankhauser werden am 17. November 1851 von Pfarrer Albert Bitzius (Gotthelf) in der Kirche Lützelflüh BE getraut. Er schrieb: «Am Ostrand der Gemeinde Trachselwald, wo der Landbau von der Alpwirtschaft abgelöst wird, liegt die bernische Staatsdomäne Zuguet. Hier wurde ich am 8. April 1868 geboren. Auch mein Vaterhaus war ehemals eine Sennhütte. Als aber der Staat Bern Besitzer der zugehörigen Alp wurde, hörte das Kühern auf. Er liess den grössten Teil des ausgedehnten Weidegrundes mit Wald ansetzen, und nur die geeignetsten Landstücke, etwa ein Dutzend Jucharten, blieben für den Acker- und Wiesenbau frei, und aus der altersgrauen Küherhütte wurde ein Bannwartenhaus.» Aus dieser Welt der Abgeschiedenheit geht der junge Simon in die Schule Thal, Dürrgraben. Er schrieb: «Das Notwendigste und Wichtigste für mein Leben und meinen spätern Beruf lernte ich von meinem Lehrer Friedrich Burri. Seinem gründlichen und tüchtigen Unterricht hatte ich zu verdanken, dass ich ins Seminar eintreten konnte». Seminar Hofwil Der Schritt ins Seminar Hofwil, das er vom Frühling 1884 bis zum Herbst 1887 besucht, ist für den jungen Simon Gfeller ein vorerst schmerzhafter Wegzug aus der Geborgenheit des Elternhauses. Im Bändchen «Seminarzyt» schildert er selber seine Erlebnisse und Eindrücke während der Hofwiler Zeit. Schwer zu schaffen macht ihm das fehlende Vertrauen der Lehrer und die daraus resultierende Einengung der «Zöglinge» durch Reglemente. Allerdings stehen im Büchlein nicht nur negative Beispiele, sondern Gfeller berichtet auch mit glühender Verehrung von jenen Seminarlehrern, die den Schülern mehr mitgeben als nur «Examenfutter». Junglehrer in Grünenmatt Im Herbst 1887 kehrt Simon Gfeller als Neunzehnjähriger in seine Heimat zurück. Nicht nur hingebungsvolle Arbeit als Lehrer, sondern auch allerhand Jugendtorheiten wie ein ziemlich lebhaftes Geltungsbedürfnis und vor allem der Hang zum Wirtshausbesuch prägen Gfellers erste Amtsjahre in Grünenmatt. Später während der Lehrtätigkeit im Egg-Schulhaus tritt er freiwillig dem Schweizerischen Abstinenten Lehrerverein bei. Von entscheidendem Einfluss ist die Heirat mit der Kollegin Meta Gehrig, Lehrerin im Thal, Dürrgraben, im Jahre 1893. Sie wohnen im alten Schulhaus Thal, wo Simon Gfeller von 1875 bis 1884 zur Schule gegangen ist. Von hier aus sucht das Lehrerehepaar einen gemeinsamen Wirkungskreis. Auf der Egg: Familie, Schule und . . . 1896 finden Meta und Simon Gfeller den gemeinsamen Wirkungsort auf der Egg in der Gemeinde Lützelflüh. Dort wird die Gesamtschule geteilt. Gerade das haben sie gesucht: «Gelegenheit zu stiller, fruchtbarer Arbeit unter einfachen Bauersleuten». Sie wachsen mit der Bevölkerung bald fest und innig zusammen. Arbeit stellt sich ein: in der Schule, im Garten, im Pflanzland. Neben der Bienenzucht pflegt Simon Gfeller auch Baum-, Rosen- und Blumenzucht. Ämter werden ihm aufgebürdet, vorab das des Armeninspektors, des Hüttenschreibers und des Stellvertreters des Pfarrers bei Beerdigungen. Erholung und Kraft findet er in der Musik, im Geigenspiel und im täglichen Singen mit den Schülerinnen und Schülern. Er schrieb: «Ein hundertprozentiger Schulmeister war ich nie, das heisst, es war mir einfach nicht möglich, all mein Sinnen und Denken rein nur der Schule zu konzentrieren. Dass ich mich neben der Schule künstlerisch betätigte, war aber nicht ein Schaden, sondern ein Vorteil, denn es hielt mich im Fluss und bewahrte mich vor völliger Verkrustung. Immer wenn ich künstlerisch tätig war, hatte ich das Gefühl, auch in der Schule gelöster und aufgeschlossener zu sein. Gegenteils hatte ich das Gefühl, in der Schule ärmer und verhärteter, veralltäglichter zu sein, wenn ich nicht schrieb, malte oder in Gedanken an etwas gestaltete... Wer selber geistig produktiv ist und mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, versteht es besser, dass den Kindern nicht alles auf den ersten Anhieb eingeht. Er ist ein Lernender mit Lernenden und steht dadurch den Kindern näher». Schriftstellerei Erste Anregungen zur schriftstellerischen Arbeit empfängt Simon Gfeller bereits bei seinem ersten Lehrer Friedrich Burri im Dürrgraben. Unter dem Decknamen «Waldschulmeister im Emmental» verfasst Burri für die «Emmenthaler Nachrichten» Berichte und Betrachtungen, Geschichten, Müsterchen und Gedichte. «Von ihm lernte ich, wie ein Lehrer seine freie Zeit nutzbar verwenden kann. Wir standen am Bienenhaus, er war mein Lehrer. Ich sah ihn stundenlang gebeugt am Schreibtisch sitzen, er war mein Lehrer». Wirksam für die Schriftstellerei ist auch der Gewinn, der ihm aus dem Freundschaftsverkehr zufliesst. Am 12. November 1900 nimmt Simon Gfeller den Briefkontakt auf mit Otto von Greyerz, dem Berner Gymnasiallehrer und späteren Professor für Sprache und Literatur der deutschen Literatur an der Universität Bern. 1902 zieht auf Anraten von Greyerz Emanuel Friedli für drei Jahre auf die Egg, um dort an seinem Berndeutsch-Band «Lützelflüh» zu arbeiten. «In den drei Jahren, da er im Schaufelbühl-Stock wohnte, hatte ich die Entstehung des Buches miterlebt und Kapitel um Kapitel nachprüfen helfen. Das hatte mich freilich viel Zeit gekostet, mir aber anderseits auch reichen Gewinn gebracht. Denn in dieser Periode drang ich in den Geist der Mundart ein und lernte ihren Bilderreichtum, ihre Schlagkraft und Treffsicherheit kennen. Es war für mich eine eigentliche Lehrzeit und eine Vorbereitung auf meine spätere Schriftstellerei». Aus dieser Lehrzeit heraus entsteht «Heimisbach». Heimisbach Schon 1906 schreibt Simon Gfeller seinem Freund Otto von Greyerz: «Wir haben noch kein rein mundartliches Werk in Emmentaler Bauernsprache.» Er hat schon vorher die Absicht gehabt, eine Erzählung, vielleicht ein Buch zu schreiben, worin ein Schulmeister «unter dem Volk wirkt, worin gezeigt wird, was ein Schulmeister sein könnte und sollte». Erst viel später erklärt Simon Gfeller über die Entstehung des Werkes, dass es mit der Abstinenz zusammenhänge. Die ersten abstinenten Lehrer kamen aus dem Seminar. «Denen wollte ich ein Programm schreiben». Mit diesem Erstlingsroman «Heimisbach» 1910 kommt der grosse Erfolg und spornt ihn zu weiterem Schaffen an. Wer einmal «Blut geleckt» habe, meint er, könne nicht mehr davon lassen. «Zu allen meinen Geschichten hat mir irgend ein Lebenseindruck den Anstoss gegeben. Darum blieb fast ausschliesslich der bäuerliche Lebenskreis mein Stoffgebiet. Hätte ich unter Industriearbeitern gelebt, so würde ich ganz sicher Arbeitsschicksale geschildert haben. Manchem mag dieses Blickfeld engbegrenzt vorkommen. Aber das, was dem Leben Wert und Würde verleiht, hängt nicht ab von äusseren Umständen. Höchstes und Tiefstes kann auch im Bauernhause erlebt werden». Lebensabend Nach dreiunddreissig Jahren Schuldienst auf der Egg tritt das Ehepaar Gfeller vom Lehramt zurück. «Für zwei Berufe langt die Kraft nicht mehr». Von 1929 an verbringt Simon Gfeller den Rest seines Lebens im neuerrichteten Heim an der Grabenhalde. Dichterisches Schaffen, Vorlesungen, umfangreiche Korrespondenz, fleissige Lektüre, Umgang mit vielen Mundartschriftstellern beanspruchen ihn neben Bienenzucht und Blumenpflege. Erfolg und Auszeichnungen wie der Ehrendoktor der Universität Bern und die Ehrenbürgerurkunde der Gemeinde Lützelflüh freuen ihn mehr für die andern als für sich. Nach schwerer Krankheit stirbt er im 75. Lebensjahr am 8. Januar 1943 im Krankenhaus Sumiswald. Er ruht neben Gotthelf und Friedli bei der Kirche Lützelflüh.
Quelle : Internetseite www.simongfeller.ch / Stand 1.11.2022 IvA |